RAUMTAKT präsentiert vier Vorzeigeprojekte: Wenn Bausubstanz zu zeitgemässen Wohnwelten wird.

Das Zürcher Architekturbüro Raumtakt zeigt mit vier Umbauten an Bachtobelstrasse, Meisenweg, Einsiedlerstrasse und Bäckerstrasse, wie aus bestehender Bausubstanz zeitgemässe Wohnräume entstehen. Die Projekte folgen dem Ansatz nachhaltiger Bestandsarchitektur: Vorhandenes wird nicht als Hindernis, sondern als Ausgangspunkt für neue Raumqualitäten verstanden.

Bachtobelstrasse: Fundamente setzen für die Zukunft

Die Kernsanierung des Reiheneinfamilienhauses von 1890 an der Bachtobelstrasse in Zürich-Wiedikon stellte das Büro vor eine aussergewöhnliche bautechnische Herausforderung: Der setzungsempfindliche Uetliberglehm erforderte eine Fundamentstabilisierung mit Mikropfählen bis in 15 Meter Tiefe. Diese CHF 1,5 Millionen schwere Intervention für eine junge Familie zeigt exemplarisch, wie historischer Charakter bewahrt und gleichzeitig moderner Wohnkomfort geschaffen werden kann.

Das gestalterische Konzept setzt bewusst auf Zurückhaltung und natürliche Materialien. Eine neue, filigrane Stahltreppe ersetzt das alte Treppenhaus und verbindet alle Geschosse mit einer leichten, offenen Konstruktion. Grossflächige Verglasungen öffnen den Wohnraum zum Garten und schaffen fliessende Übergänge zwischen innen und aussen – ein typisches Merkmal zeitgemässer Wohnarchitektur. Die Fassade erhielt einen denkmalgerechten Anstrich mit originalgetreuen Fenstern, während moderne Haustechnik wie eine Luft-Wärmepumpe die Energieeffizienz steigert.

Meisenweg: Denkmalschutz als kreative Chance.

Das Reiheneinfamilienhaus am Meisenweg 5 in Zürich-Wollishofen gehört zur denkmalgeschützten Siedlung von 1924, die im Spezialinventar der Stadt Zürich gelistet ist. Architekt Friedrich Hirsbrunner folgte seinerzeit dem Gartenstadtgedanken nach Raymond Unwin und schuf eine Anlage, die Wohnen im Grünen mit sozialer Durchmischung verbindet – ein städtebaulicher Ansatz, der heute wieder hochaktuell ist.

Die behutsame Renovation für CHF 950'000 respektiert die historischen Qualitäten: charakteristische Elemente wie Fischgrätböden aus Buchenholz, die markante Eichentreppe oder bienenwabenförmige Keramikplatten in der Küche wurden erhalten und zeitgemäss ergänzt. Ein zentraler Eingriff betrifft das zuvor kaum genutzte Dachgeschoss, das vollständig ausgebaut wurde. Durch das Öffnen bis zum First und das Freilegen der Dachbalken entstehen zwei helle Kinderzimmer mit Galerieebenen sowie ein kompakter Arbeitsraum.

Im Erdgeschoss schafft die neue Öffnung zwischen Wohn- und Esszimmer eine zusammenhängende Raumsequenz mit direktem Gartenbezug. Wo neue Eingriffe sichtbar werden, sind sie bewusst differenziert – etwa dort, wo eine Lücke im Parkett durch den Wanddurchbruch mit Zement ergänzt wurde: "eine ruhige, aber deutliche Spur der Transformation".

Bäckerstrasse: Urbane Verdichtung mit architektonischer Sensibilität.

Das fünfgeschossige Wohnhaus an der Bäckerstrasse 10 von 1894 liegt im innerstädtischen Umfeld nahe dem Hauptbahnhof Zürich. Obwohl nicht denkmalgeschützt, prägt das Gebäude mit seiner historistischen Fassade den Strassencharakter wesentlich mit. Die Machbarkeitsstudie von RAUMTAKT untersucht die sorgfältige Modernisierung der bestehenden Wohnungen sowie eine massvolle Nachverdichtung durch zusätzliche, kompakte Wohneinheiten.

Das Farb- und Materialkonzept kombiniert geöltes Eichenparkett in Fischgratverlegung, keramische Platten von Mutina und aufeinander abgestimmte Farbtöne von Farrow & Ball. Die Gestaltung interpretiert die bestehende Fassadenstruktur respektvoll neu und stärkt dabei die architektonische Identität des Hauses – ein Ansatz, der zeitgemässe Wohnqualität mit dem städtebaulichen Kontext in Einklang bringt.

Flöz 312: Generationenwohnen am Zürichsee

Das Einfamilienhaus von 1975 an der Einsiedlerstrasse in Horgen zeigt exemplarisch, wie emotionale Verbundenheit und nachhaltiges Bauen zusammenfinden. Zwischen Bäumen und Hecken gelegen, bot das 200 Quadratmeter grosse Haus zwei Geschwistern einst ein gemeinsames Zuhause. Heute leben sie nach dem Umbau wieder unter einem Dach – jedoch in zwei eigenständigen, modernen Eigentumswohnungen.

Die Transformation des Halbgeschoss-Gebäudes respektiert die bestehende Struktur und ergänzt sie um zeitgemässe Standards. Eine neue Aussentreppe erschliesst die obere Wohnung von Nordwesten, während im Inneren präzise Eingriffe für optimierte Raumaufteilung sorgen. Die ehemalige Garage wurde in einen Wohnraum umgewandelt, grössere Fensteröffnungen bringen mehr Licht ins Haus.

Der energetische Umbau setzt auf Zukunftsfähigkeit: Eine Luft-Wärmepumpe ersetzt die alte Ölheizung, verbesserte Dämmung von Dach und Fassade reduziert den Energieverbrauch erheblich. Das Dach ist bereits für eine spätere Photovoltaikanlage vorbereitet – ein durchdachtes Konzept für schrittweise Optimierung.

Besonders gelungen ist die Integration in die natürliche Umgebung. Der bestehende Baumbestand wurde in die Gartengestaltung einbezogen und schafft eine harmonische Verbindung zwischen Architektur und Landschaft. So entsteht Wohnqualität, die sowohl den Bedürfnissen der heutigen Generation als auch künftigen Anforderungen gerecht wird.

RAUMTAKT: Zwischen Bestand und Zukunft

Stefan Müller und sein Team bei RAUMTAKT haben sich als Experten für die Transformation historischer Bausubstanz in der Schweiz etabliert. Das preisgekrönte Büro agiert seit elf Jahren zwischen den Disziplinen Architektur und Raumgestaltung und entwickelt ganzheitliche, vernetzte Lösungen für nachhaltiges Bauen. "Zirkuläre Architektur bedeutet für uns mehr als das Wiederverwenden von Materialien", erklärt das Büro seine Philosophie. "Sie ist ein kultureller und gestalterischer Ansatz, der auf Materialeffizienz, Reversibilität und den respektvollen Umgang mit vorhandener Substanz zielt".

Diese drei neuen Projekte unterstreichen diese Haltung eindrücklich: Bestehende Strukturen werden nicht als Einschränkung, sondern als Potenzialträger für zukunftsfähige Räume verstanden. Mit präzisen Eingriffen, hochwertigen Materialien und einem sensiblen Umgang mit historischer Substanz setzt RAUMTAKT Standards für nachhaltiges Bauen im urbanen Kontext der Schweiz.

In einer Zeit, in der Ressourcenschonung und klimabewusstes Bauen immer wichtiger werden, zeigen diese Projekte exemplarisch, wie intelligente Bestandsarchitektur zur nachhaltigen Stadtentwicklung beiträgt, ohne dabei Kompromisse bei Wohnqualität oder zeitgemässer Ästhetik einzugehen.

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